Verbrechen und Strafe im Islam
Kategorien
Quellen
Full Description
- Verbrechen und Strafe im Islam
- Verbrechen und Strafe im Islam (teil 1 von 5): Einführung
- Verbrechen und Strafe im Islam (teil 2 von 5): Formen der Strafe im Islam
- Verbrechen und Strafe im Islam (teil 3 von 5): ‘Huduud’-Vorgeschriebene Strafen
- Verbrechen und Strafe im Islam (teil 4 von 5): Vergeltung und Strafen nach Ermessen
- Verbrechen und Strafe im Islam (teil 5 von 5): Ziele des islamischen Strafsystems
Verbrechen und Strafe im Islam
Verbrechen und Strafe im Islam (teil 1 von 5): Einführung
Beschreibung: Eine ausführliche Diskussion über die Regelungen, die der Islam im Umgang mit Verbrechen in der Gesellschaft eingesetzt hat. Teil 1: Einführung und der Islamische Ansatz bei der Verbrechensbekämpfung.
Sicherheit und Stabilität sind menschliche Grundbedürfnisse, die nicht weniger wichtig sind, als Nahrung und Kleidung. Ohne Sicherheit und Stabilität ist ein Mensch nicht in der Lage, sein tägliches Leben bestreiten, von neuen Ideen oder der Entwicklung eines höheren Grades an Zivilisation ganz abgesehen.
Der Mensch war sich des Bedürfnisses an Sicherheit seit dem Beginn seines Lebens auf der Erde bewußt, und er hat diesem Bewußtsein immer wieder Ausdruck verliehen. Mit der Bildung und Entwicklung der menschlichen Gesellschaft hat er dieses und andere Bedürfnisse durch die Etablierung eines Staates und der Aufstellung von Gesetzen zum Ausdruck gebracht. Dies wurde zustande gebracht, um die allgemeine Sicherheit zu festigen, Streitigkeiten und Konflikte beizulegen, die die Gesellschaft bedrohen, und Bedrohungen der Sicherheit von außen durch andere Nationen entgegenzuwirken. Die Entwicklung dieser von Menschen gemachten Gesetze erreichte erst in den letzten wenigen Jahrhunderten eine Vervollständigung als Ergebnis eines langwiedrigen Prozesses von Versuch und Irrtum.
Im Gegensatz dazu wurde das Gesetz des Islam Muhammad, Gottes Segen und Frieden seien auf ihm, in seiner vollkommenen Form als Teil von Gottes letzter Botschaft an die Menschheit herabgesandt. Das islamische Gesetz legt auf diese Dinge den größten Wert und stellt ein vollständiges Gesetzsystem zur Verfügung. Es berücksichtigt, dass sich die Umstände in der Gesellschaft verändern können, ebenso wie die Beständigkeit und Standhaftigkeit der menschlichen Natur. Dementsprechend enthält es verständliche Prinzipien und allgemeine Regeln, die geeignet sind, mit sämtlichen Problemen und Umständen, die das Leben irgendwann oder irgendwo mit sich bringen könnte, zurecht zu kommen. Gleicherweise hat es unveränderliche Strafen für bestimmter Verbrechen festgelegt, die von veränderten Bedingungen und Umständen nicht beeinflusst werden. Auf diese Weise werden im Islamischen Gesetz Stabilität, Flexibilität und Festigkeit kombiniert.
Von welchem Angelpunkt aus nähert sich der Islam der Verbrechensbekämpfung? Welches sind die Prinzipien, auf denen der Islamische Strafkodex basiert? Welche unterscheidenden Merkmale besitzt dieser Kodex? Welche sind die Maßnahmen, die er anwendet, um Verbrechen zu bekämpfen? Welcher Art sind die Strafen, die im Islam existieren? Welche sind die Ziele, die hinter ihrer Erlassung stehen? Dieses sind die Fragen, um die es auf den folgenden Seiten geht.
Der Islamische Ansatz der Verbrechensbekämpfung
Das allererste Ziel einer jeden islamischen gesetzlichen Bestimmung ist, das Wohlergehen der Menschheit dieser Welt zu sichern und das nächste, eine rechtschaffene Gesellschaft zu bilden. Dies ist eine Gesellschaft, die Gott anbetet und auf der Erde blüht, eine die die Kräfte der Natur nutzt, um eine Zivilisation aufzubauen, in der jeder Mensch in einem Klima des Friedens, der Gerechtigkeit und der Sicherheit leben kann. Dies ist eine Zivilisation, die einer Person gestattet, alle spirituellen, intellektuellen und materiellen Bedürfnisse zu stillen und jeden Aspekt seines Daseins zu kultivieren. Dieses allerhöchste Ziel wird im Qur´an an mehreren Stellen erwähnt. Gott sagt:
“Wahrlich, Wir schickten Unsere Gesandten mit klaren Beweisen und sandten mit ihnen das Buch und die Waagschale herab, auf dass die Menschen Gerechtigkeit üben mögen. Und Wir schufen das Eisen, worin (Kraft zu) gewaltigem Krieg wie auch zu vielerlei Nutzen für die Menschheit ist...” (Quran 57:25)
Und Er sagt:
“…Gott will es euch leicht – Er will es euch nicht schwer machen…” (Quran 2:185)
Und Er sagt:
“Gott will euch die Wege derer klar machen, die vor euch waren, und euch dahin leiten und Sich in Gnade zu euch kehren. Und Gott ist Allwissend, Allweise. Und Gott will Sich in Gnade zu euch kehren; und diejenigen aber, die den niederen Gelüsten folgen, wollen, dass ihr (vom rechten Weg) völlig abweicht. Gott will eure Bürde erleichtern; denn der Mensch ist schwach erschaffen.” (Quran 4:26-28)
Und Er sagt:
“Wahrlich, Gott gebietet, gerecht (zu handeln), uneigennützig Gutes zu tun und freigiebig gegenüber den Verwandten zu sein; und Er verbietet, was schändlich und abscheulich und gewalttätig ist...” (Quran 16:90)
Da die islamische Gesetzgebung darauf zielt, das Wohlergehen der Menschen zu erreichen, können sie alle auf universelle Grundprinzipien zurückverfolgt werden, die notwendig sind, damit das menschliche Wohl gesichert werden kann. Diese universellen Prinzipien sind:
1. Der Schutz des Lebens.
2. Der Schutz der Religion.
3. Der Schutz des Verstandes.
4. Der Schutz der Abstammung.
5. Der Schutz des Eigentums.
Das Islamische Strafsystem hat zum Ziel, diese fünf universellen Bedürfnisse zu erfüllen. Um das Leben zu schützen, schreibt das Gesetz die Vergeltung vor. Um die Religion zu schützen, schreibt es die Strafe für Apostasie vor. Um den Verstand zu schützen, schreibt es die Strafe für Trinken vor. Um die Abstammung zu schützen, schreibt es die Strafe für Unzucht vor . Um das Eigentum zu schützen, schreibt es die Strafe für Diebstahl vor. Um alle zu schützen, schreibt es die Strafe für Straßenraub vor.
Daher sollte uns klar werden, dass die Verbrechen, für die der Islam feste Strafen vorgeschrieben hat, folgende sind:
1. Übertretungen gegen Leben (Mord oder Körperverletzung).
2. Übertretungen gegen Eigentum (Diebstahl).
3. Übertretungen gegen Abstammung (Unzucht und fälschliche Beschuldigung des Ehebruchs).
4. Übertretungen gegen den Verstand (Rauschmittel benutzen).
5. Übertretungen gegen die Religion (Apostasie).
6. Übertretungen gegen alle diese Grundbedürfnisse (Straßenraub ).
Verbrechen und Strafe im Islam (teil 2 von 5): Formen der Strafe im Islam
Beschreibung: Eine ausführliche Diskussion über die Regelungen, die der Islam im Umgang mit Verbrechen in der Gesellschaft eingesetzt hat. Teil 2: Unterscheidende Merkmale des islamischen Strafrechts und eine Einleitung zu drei Formen der Strafe, die der Islam für bestimmte Verbrechen vorgesehen hat.
Unterscheidende Merkmale des islamischen Strafrechts
Nach den zuvor erwähnten Prinzipien ist, wenn islamisches Gesetz und zeitgenössisches Gesetz aufeinandertreffen, dem Islamische Gesetz der Vorrang zu geben. Das islamische Strafwesen hat einzigartige Werte und unterscheidene Merkmale, davon sind folgende die wichtigsten:
1. Die innerliche Anregung des Moralbewußtseins des Menschen ergänzt völlig die äußerliche Kontolle. Dies kommt aufgrund der Tatsache zustande, dass das sich Islamische Gesetz, wenn es mit gesellschaftlichen Problemen wie Verbrechen umgeht, nicht nur auf äußerliche Abschreckungsmittel verläßt. Es konzentriert sich vielmehr auf innerliche Abschreckung, betont das menschliche Gewissen. Es ist bestrebt, dieses Gewissen in einer Person von der Kindheit an zu entwickeln, damit sie mit dem edelsten Moralcharakter groß werden kann.
Es verspricht Erfolg und Erlösung für diejenigen, die rechtschaffen arbeiten und warnt die Übeltäter vor einem schlimmen Schicksal. Auf diese Weise erregt es Emotionen, bringt den Verbrecher dazu, seine Abwege aufzugeben, indem es ihn mit dem Glauben an Gott inspiriert, mit der Hoffnung auf die göttliche Gnade und der Furcht vor der Strafe Gottes, dem Festhalten an sittlichen Werten, Nächstenliebe und dem Verlangen, anderen Gutes zu tun und sich davor zurückzuhalten, sie zu verletzen und ihnen zu schaden.
2. Es hat einen ausgeglichenen Überblick, was die Verbindung zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft angeht. Dies wird deutlich an der Tatsache, dass während das göttliche Gesetz die Gesellschaft beschützt, indem es Strafen und vorbeugende Maßnahmen gegen Verbrechen einsetzt, so läßt es auch nicht zum Wohle der Gesellschaft den Einzelnen beiseite. Ganz im Gegenteil, seine Priorität ist, den Einzelnen zu schützen, seine Freiheit und seine Rechte. Es liefert jede Sicherheitsvorkehrung, um einer Person keine Entschuldigung zu geben, zu verbrecherischen Mitteln greifen zu müssen. Es straft nicht, ohne zuvor für den Einzelnen eine Situation zu schaffen, die zu einem wertvollen und glücklichen Leben führt.
Formen der Strafe im Islam
Das Islamische Gesetz ist auf zwei einander ergänzenden Grundprinzipien aufgebaut, mit denen es die Probleme des Lebens bekämpft und Lösungen für sie liefert. Diese Prinzipien sind: die Stabilität und die Beständigkeit seiner grundsätzlichen Lehren einerseits und die Dynamik seiner untergeordneten Verfügungen andererseits.
Für die unveränderlichen Aspekte des Lebens bringt das Islamische Gesetz feste Statuten. Für die dynamischen Aspekte des Lebens, die durch gesellschaftliche Entwicklung, erweiterte Horizonte und Fortschritte im Wissen beeinflusst werden, kommt das Islamische Gesetz mit allgemeine Prinzipien und universellen Regeln, die auf zahlreiche unterschiedliche Weisen und einer Vielzahl von Umständen angewendet werden können.
Wenn wir diese Prinzipien auf das Strafsystem anwenden, finden wir heraus, dass das Islamische Gesetz mit deutlichen Texten gekommen ist, die feste Strafen für solche Verbrechen vorschreibt, von denen keine Gesellschaft frei ist, Verbrechen, die in ihrer Art nicht variieren, denn sie sind verbunden mit den konstanten und unveränderlichen Faktoren der menschlichen Natur.
Das Islamische Gesetz stellt sich anderen Verbrechen entgegen, indem es das allgemeine Prinzip aufstellt, das ihr Verbot entschieden anzeigt, die Entscheidung über die Strafe der korrekten politischen Autorität in der Gesellschaft jedoch überläßt. Die politische Autorität kann dann die besonderen Umstände des Verbrechens in betracht ziehen und die effektivste Weise bestimmen, wie die Gesellschaft vor Schaden geschützt werden kann. Im Einklang mit diesem Prinzip gibt es im islamischen Gesetz drei Arten von Strafen:
1. Vorgeschriebene Strafen,
2. Vergeltung,
3. Strafen nach freiem Ermessen.
Verbrechen und Strafe im Islam (teil 3 von 5): ‘Huduud’-Vorgeschriebene Strafen
Beschreibung: Eine ausführliche Diskussion über die Regelungen, die der Islam im Umgang mit Verbrechen in der Gesellschaft eingesetzt hat. Teil 3: Die erste Form der Strafe – vorgeschriebene Strafen oder ´Huduud´, und die Arten von Verbrechen, für die sie erlassen wurden, ebenso wie die Weisheit, die sich dahinter verbirgt.
1. Vorgeschriebene Strafen
Verbrechen, die unter diese Kategorie fallen, können als gesetzlich verbotene Taten definiert werden, die Gott zwangsläufig mit dem Mittel festgelegter, vorbestimmter Strafen verhindern will, deren Durchführung als das Recht Gottes betrachtet wird.
Diese Strafen haben bestimmter Besonderheiten, die sie von anderen unterscheiden. Folgende gehören dazu:
1. Diese Strafen können weder verstärkt noch gemindert werden.
2. Diese Strafen können weder von einem Richter, von der politischen Obrigkeit noch von dem Opfer fallengelassen werden, nachdem die damit verbundenen Verbrechen vor die Regierungsstelle gebracht wurden. Bevor diese Verbrechen vor den Staat gebracht werden, könnte es dem Opfer möglich sein, dem Verbrecher zu verzeihen, wenn der entstandene Schaden nur persönlich war.
3. Diese Strafen sind das ´Recht Gottes´, das bedeutet, das gesetzliche Recht, das hier beteiligt ist, ist allgemeiner Natur, wobei das breite Wohl der Gesellschaft im Vordergrund steht.
Folgende Verbrechen fallen unter die Gerichtsbarkeit der feststehenden Strafen:
1. Diebstahl
Diebstahl wird definiert als heimliches entwenden des Eigentums einer anderen Person von einem sicheren Ort in der Absicht, es in Besitz zu nehmen.
2. Straßenraub
Straßenraub wird als Tätigkeit einer Einzelperson oder einer Gruppe von Individuen definiert, die mit ihrer Stärke auf einem öffentlichen Durchfahrtsweg andere an der Passage hindern, in der Absicht, den Besitz der Durchreisenden an sich zu nehmen oder ihnen anderenfalls körperlichen Schaden zuzufügen.
3. Hurerei und Ehebruch
Dies ist definiert für jeden Fall, in dem ein Mann Geschlechtsverkehr mit einer Frau hat, die ihm nicht erlaubt ist. Jede Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau, die keinen Geschlechtsverkehr beinhaltet, fällt nicht unter diese Kategorie und diese festgelegte Strafe.
4. Falsche Beschuldigung
Dies ist definiert für die fälschliche Beschuldigung einer anständigen, unschuldigen Person, sie habe Hurerei oder Ehebruch begangen. Es beinhaltet ebenfalls das Verleugnen der Abstammung einer Person von seinem Vater (was den Anschein erweckt, dass seine Eltern Hurerei oder Ehebruch begangen hätten). Fälschliche Beschuldigung beinhaltet jegliche Behauptung der Hurerei oder des Ehebruchs, die nicht von Beweisen, die das islamische Gesetz akzeptiert, unterstützt wird.
5. Trinken
Eines der wichtigsten Ziele des Islam ist das Wohlergehen des Menschen und das Vermeiden dessen, was ihm schadet. Aus diesem Grunde „gebietet er gute Dinge und verbietet Schädliche“. So schützt der Islam das Leben der Menschen genauso wie die Fähigkeiten ihres Verstandes, ihren Besitz und ihren Ruf. Das Verbot von Wein und die Strafe für das Trinken gehören zu den Gesetzen, die Fürsorge des Islam in diesen Angelegenheiten deutlich zeigen, denn Wein kann alle diese Grundbedürfnisse zerstören, er besitzt das Potential, Leben, Reichtum, Verstand, Ruf und Religion zu zerstören.
Gott sagt:
“O ihr, die ihr glaubt! Berauschendes, Glückspiel, Opfersteine und Lospfeile sind ein Greuel, das Werk des Satans. O meidet sie, auf dass ihr erfolgreich seid. Satan will durch das Berauschende und das Losspiel nur Feindschaft und Hass zwischen euch auslösen, um euch vom Gedenken Gottes und vom Gebet abzuhalten. Werdet ihr euch denn abhalten lassen?” (Quran 5:90-91)
6. Apostasie
Apostasie ist dadurch definiert, dass ein Muslim eine Aussage macht oder eine Tat begeht, die ihn aus dem Islam hinausbringt. Die Strafe, die in der Sunna dafür vorgeschrieben ist, ist Hinrichtung und sie kam als Heilmittel für ein Problem, das in der Zeit des Propheten existiert hatte. Dieses Problem bestand darin, dass eine Gruppe von Menschen öffentlich zusammen den Islam angenommen hatte und ihn dann zusammen wieder verließ, um Zweifel und Unsicherheit in den Herzen der Gläubigen hervorzurufen. Der Qur´an berichtet uns folgendermaßen von diesem Ereignis:
“Und da sagte eine Gruppe von den Leuten der Schrift: ´Glaubt bei Tagesanbruch an das, was zu den Gläubigen herabgesandt wurde, und leugnet es ab bei seinem Ende; vielleicht werden sie umkehren.” (Quran 3:72)
Daher wurde die vorgeschriebene Strafe für Apostasie eingeführt, damit die Apostasie nicht weiter als Mittel verwendet werden konnte, um Zweifel am Islam zu schüren.
Zur gleichen Zeit wird dem Abtrünnigen Zeit gelassen, zum Bereuen, damit, wenn er nur ein Mißverständnis oder Zweifel an einer bestimmten Sache hat, dieser Zweifel aus dem Weg geräumt und ihm die Wahrheit erklärt werden kann. Er wird drei Tage lang aufgefordert zu bereuen.
Verbrechen und Strafe im Islam (teil 4 von 5): Vergeltung und Strafen nach Ermessen
Beschreibung: Eine ausführliche Diskussion über die Regelungen, die der Islam im Umgang mit Verbrechen in der Gesellschaft eingesetzt hat. Teil 4: Die zweite und dritte Art von Strafen, Vergeltung und Strafen nach Ermessen, die Arten von Verbrechen, für die sie erlassen wurden und die Weisheit dahinter.
2. Vergeltung
Dies ist die zweite Art der Bestrafung im islamischen Gesetz. Hierbei wird dem Verbrecher dieselbe Verletzung zugefügt, wie er das Opfer verletzt hatte. Wenn der Verbrecher das Opfer getötet hat, so wird er getötet. Wenn er dem Opfer ein Glied verletzt oder dessen Verlust verursacht hat, so wird ihm sein eigenes Glied verletzt oder abgetrennt, wenn dies möglich ist, ohne den Verbrecher zu töten. Spezialisten werden mit diesem Beschluss beauftragt.
Wichtige Regelungen über die Vergeltung
1. Vergeltung ist rechtlich nur anerkannt, wenn die Verletzung oder die Ermordung geplant gewesen war. Für versehentliches Verletzen oder Töten einer Person gibt es keine Vergeltung. Gott sagt:
“O ihr, die ihr glaubt! Es ist für euch Wiedervergeltung vorgeschrieben für die Getöteten... ” (Quran 2:178)
Und Er sagt:
“…und für Verwundungen gerechte Vergeltung...” (Quran 5:45)
2. Bei Verbrechen, wo sich der Verbrecher direkt gegen jemand anderen versündigt, hat der Islam dem Wunsch des Opfers oder seiner Familie eine wichtige Rolle bei der Entscheidung gelassen, ob die Strafe durchgeführt werden sollte oder nicht. Der Islam gestattet dem Opfer, dem Täter zu vergeben, denn die Strafe wird bei diesen Verbrechen als Recht des Opfers betrachtet. Der Islam ruft sogar zum Vergeben auf, indem er einen Lohn im Jenseits für den, der vergibt, verspricht. Gott sagt:
“Wer aber darauf verzichtet, dem soll das eine Sühne sein.” (Quran 5:45)
Die Vergebung kann entweder durch die Zahlung von Blutgeld, eine festgelegte, geldliche Entschädigung, ersetzt oder vollkommen erlassen werden, wenn keine weltliche Entschädigung verlangt ist. Gott sagt:
“Wenn ihr es erlasst, so kommt das der Gottesfurcht näher...” (Quran 2:237)
3. Die Strafe muss von der Regierung durchgeführt werden. Die Familie des Opfers kann sie nicht durchführen.
Die Weisheit hinter der Vergeltung
Was die islamischen Strafen im allgemeinen, und der Vergeltung insbesondere angeht, finden wir zwei sich ergänzende Eigenschaften. Die erste ist die Schwere der Strafe. Sie soll von dem Verbrechen abschrecken und seine Häufigkeit verringern.
Das zweite Kennzeichen ist die Schwierigkeit, die Schuld festzustellen, welche die Gelegenheit, die Strafe durchzuführen, einschränkt und den Angeklagten schützt. Hieran sehen wir das Prinzip, dass Strafen bei Anwesenheit von Zweifeln fallengelassen werden und dass im Zweifel immer zugunsten des Angeklagten entschieden wird. Manche der vorgeschriebenen Strafen werden aufgrund der Reumütigkeit fallengelassen, wie wir im Fall des Straßenraubs sehen. Dies sieht man auch daran, dass es gestattet ist, in einem Fall, wo Vergeltung vorgesehen ist, zu vergeben und an der Tatsache, dass zur Vergebung aufgerufen und sie bevorzugt wird.
Diese beiden Elemente ergänzen einander, so dass der Verbrecher effektiv entmutigt wird, die Gesellschaft wird geschützt und die Rechte des Angeklagten werden durch die Tatsache, dass Spekulationen und Beschuldigungen keine Gründe für eine Bestrafung sein können, gesichert und der Beschuldigte genießt die größte Garantie für Gerechtigkeit und es wird wann immer es möglich ist, von der Bestrafung abgesehen. Die meisten Menschen werden durch die Schwere der Strafe vom Begehen des Verbrechens abgeschreckt und die Bestrafungen für diese Verbrechen werden selten ausgeführt. Auf diese Weise werden die allgemeine Sicherheit der Gesellschaft und die Rechte des Einzelnen gleichermaßen gesichert.
3. Strafen nach Ermessen
Dies sind Strafen für Verbrechen, die entweder die Rechte Gottes oder die Rechte eines Individuums verletzen, die nicht durch das islamische Gesetz festgelegt sind, sie haben kein festes Strafmaß und auch keine feste Sühne.
Strafen nach Ermessen bilden die größte Kategorie der Stafen, denn die Verbrechen, für die es eine festgelegte Strafe gibt, sind nur wenige an der Zahl und alle anderen Verbrechen fallen unter diese letzte Kategorie.
Dies ist die flexibelste Art der Strafe, denn sie beachtet die Bedürfnisse der Gesellschaft und die Veränderung der sozialen Bedingungen. Folglich ist sie flexibel genug, um der Gesellschaft den größtmöglichen allgemeinen Nutzen zu bringen, den Verbrecher zu bessern und den Schaden zu reduzieren, den er verursacht.
Das islamische Gesetz hat verschiedene Arten von Strafen nach Ermessen definiert, angefangen bei Ermahnungen und Verweisen, über Auspeitschen, Geldstrafen bis hin zu Gefängnisstrafen. Diese Strafen nach Ermessen werden der gesetzlichen Authorität überlassen - im Rahmen des Islamischen Gesetzes und der universellen Ziele des Islam, die ein Gleichgewicht zwischen dem Recht der Gesellschaft, vor Verbrechen geschützt zu werden, und dem Recht des Individuums, seine Freiheit zu genießen, herstellen.
Verbrechen und Strafe im Islam (teil 5 von 5): Ziele des islamischen Strafsystems
Beschreibung: Eine ausführliche Diskussion über die Regelungen, die der Islam im Umgang mit Verbrechen in der Gesellschaft eingesetzt hat. Teil 5: Eine Diskussion darüber, was die Anwendung dieser Art von Strafen in einer Gesellschaft bewirkt.
Die Ziele des islamischen Strafsystems
Das islamische Strafsystem hat zahlreiche Ziele, die wichtigsten davon sind folgende:
Das Erste Ziel: Der Islam strebt danach, die Gesellschaft vor Schaden durch Verbrechen zu beschützen. Es ist allgemein bekannt, dass, wenn Verbrechen nicht mit strengen Bestrafungen geahndet werden, große Gefahr für die Gesellschaft besteht. Der Islam ist bemüht, soziale Stabilität und Sicherheit zu verbreiten und das Leben in der Gesellschaft sicher und friedlich zu machen. Er hat diesen Gesichtspunkt zu eine Ebene der Handlung gemacht, indem er Gesetze zur Vorschrift machte, die vor Verbrechen abschrecken. Dieses Ziel wird durch den folgenden Vers zum Ausdruck gebracht, der über Vergeltung und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft spricht:
“In der Wiedervergeltung ist Leben für euch, o ihr, die ihr einsichtig seid! Vielleicht werdet ihr (Allah) fürchten.“ (Quran 2:179)
Wenn der Mörder oder irgendein anderer Verbrecher das volle Ausmaß der negativen Konsequenzen für sich selbst kennt, die das Verbrechen für ihn verursacht, wird er sich tausendmal überlegen, ob er es begeht. Das Bewußtsein von der Strafe wird den Verbrecher auf zwei Arten vom Begehen des Verbrechens abbringen. Ein Verbrecher, der schon einmal bestraft worden war, wird höchstwahrscheinlich nicht noch einmal zu diesem zurückkehren. Was den Rest der Gesellschaft betrifft, er wird durch das Bewußtsein von den Auswirkungen des Verbrechens davon zurückgehalten, es zu verüben. Um die allgemeinen Auswirkungen des Verbrechens bekannt zu machen, hat der Islam das Prinzip eingeführt, öffentlich anzukündigen, wann die Bestrafung vollzogen wird. Gott sagt:
“…Und eine Anzahl der Gläubigen soll ihrer Pein beiwohnen.” (Quran 24:2)
Das zweite Ziel: Der Islam will den Verbrecher bessern. Der Qur´an erwähnt häufig die Reue in Verbindung mit den Verbrechen, die er aufzählt, und macht deutlich, dass die Tür zur Reue immer offen steht, wann auch immer der Übeltäter seine Straftaten aufgibt und sich angemessen verhält. Er hat die Reue zu einem Mittel bestimmt, das eine feste Strafe unter Umständen abwenden kann, wie die Strafe für Straßenraub. Gott sagt:
“…Ausgenommen davon sind jene, die bereuen, noch ehe ihr sie in eurer Gewalt habt. So wisset, dass Gott Allvergebend, Barmherzig ist.” (Quran 5:34)
Gott sagt bezüglich der Strafe für Ehebruch:
“Wenn sie aber umkehren und sich bessern, dann lasset ab von ihnen; denn Gott ist Gnädig, Barmherzig.” (Quran 4:16)
Gott sagt nach der Erwähnung der Strafe für falsche Beschuldigung:
“…außer jenen, die es hernach bereuen und sich bessern; denn wahrlich, Gott ist Allvergebend, Barmherzig.”
Gott sagt nach der Erwähnung der vorgeschriebenen Strafe für Diebstahl:
“Aber wer es bereut nach seiner Freveltat und sich bessert, von dem wird Gott die Reue annehmen; denn Gott ist Allvergebend, Barmherzig.” (Quran 5:39)
Dieses Ziel wird häufiger bei den Strafen nach Ermessen beobachtet, bei denen der Richter verpflichtet ist, die Umstände des Straftäters zu bedenken und seine Besserung zu sichern.
Das dritte Ziel: Die Strafe ist eine Läuterung für das Verbrechen. Es ist nicht wünschenswert, einen Verbrecher mild zu behandeln, der die Sicherheit der Gesellschaft in Gefahr zu bringt. Der Verbrecher sollte seinen gerechten Lohn erhalten, solange er damit zufrieden ist, den Pfad des Bösen eingeschlagen zu haben anstelle des Pfades der Rechtschaffenheit. Es ist das Recht der Gesellschaft, ihre Sicherheit und die ihrer einzelnen Mitglieder zu schützen. Der Qur´an bestätigt dieses Ziel, wenn er einige der Strafen erwähnt. Gott sagt:
“Dem Dieb und der Diebin schneidet ihr die Hände ab, als Vergeltung für das, was sie begangen haben.“ (Quran 5:38)
“Der Lohn derer, die gegen Allah und Seinen Gesandten Krieg führen und Verderben im Lande zu erregen trachten, soll sein, dass sie getötet oder gekreuzigt werden oder dass ihnen Hände und Füße wechselweise abgeschlagen werden oder dass sie aus dem Lande vertrieben werden.“ (Quran 5:33).